Vulkanausbruch auf Fogo – Sechster Tag (28.11.2014)

Wir sind rüber nach Fogo, mit eigenen Augen sehen, was los ist. In der Zwischenzeit hatte sich die Situation verschärft. Die ca. Sieben Öffnungen aus denen Lava, Asche und Gas geströmt war, hatten sich zu einem großen Schlund vereint, die Geschwindigkeit mit der sich die Lava bewegte, nahm wieder zu.

Neben den über 15 Häusern in Portela die bereits zerstört wurden, ist vor allem sehr viel landwirtschaftliche Fläche dem Vulkan zum Opfer gefallen. Und sicher, es ist gut, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind, aber die Leute in der Chã sind auf ihre Landwirtschaft angewiesen. Ohne Anbau kein Leben.

Insgesamt sieht es im Augenblick nicht grade rosig aus für die Bevölkerung des Chã. Zu hoch wird auch in Zukunft das Risiko sein, dort oben Vulkanausbrüchen ausgesetzt zu sein. Wie groß wird der Wille der Regierung und Hilfsorganisationen sein, an gleicher Stelle wieder Siedlungen zu erlauben und vor allem mit zu finanzieren? Es scheint im Augenblick wahrscheinlicher, dass die Chã von offizieller Stelle aus aufgegeben wird. Premierminister Neves sagt im Interview, die Chã sei “sehr wahrscheinlich verloren”.

Guide Theo Montrond harrt entgegen aller Anweisungen weiter aus am Fuß der Caldera und schreibt bei Facebook: “das was du mir gegeben hast,Vulkan, das hast du mir wieder genommen. Aber ich bleibe bei dir und gehe nicht. Ich weiss, du wirst es mir wieder zurück geben. Du und ich, ich und du, zusammen für immer”. Ich kämpfe beim Lesen seines Updates gegen den Klos in meinem Hals an.

Im Laufe des Freitags dann wieder etwas Hoffnung. Die Lava sei fast zum Stillstand gekommen, heißt es. Portela nur halb verloren, Bangeira noch unzerstört. Die Lava hat weder das Pedra Braba noch die Schule erreicht.

Es machen Gerüchte die Runde, dass es wie auch schon 1995 wieder zu Plünderungen kommt, dass “Thugs” aus Praia gekommen seien um die Situation auszunutzen. Dem entsprechend gereizt seien Militär und Polizei. Man ließe niemanden mehr rein, alles dicht.

Dann, bei Einbruch der Dunkelheit fahren wir hoch, bis zur Polizeisperre. Wir wenden, parken den Wagen ein paar hundert Meter weiter mitten auf der Straße und gehen zu Fuß hoch auf die Bordeira, die hier noch recht flach ist.

Es rumpelt und grummelt, die Lava scheint in den Nachthimmel. Nach wenigen Minuten haben wir den Grat erreicht und blicken auf den Vulkanausbruch. Ein riesiger Schlund hat sich aufgetan. Explosionen befördern glühende Lava nach außen. Es sieht ein bisschen aus wie Feuerwerk. Nur dass es im Augenblick nicht viel zum Feiern gibt.

Wir setzen uns hin und schauen zu. Minuten lang. Aus Minuten wird eine Stunde. Die Zeit hört auf zu existieren.

Christian Fu Mueller

Christian Fu Mueller

Seit über 12 Jahren entdecke ich die Kapverdischen Inseln immer wieder neu. Im März 2007 bin ich ganz nach Kapverden gezogen um hier zu leben und zu arbeiten. (+)

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