Vulkanausbruch auf Fogo – Dritter Tag (25.11.2014)

Die gute Nachricht am dritten Tag lautet: Der Ausbruch lässt nach. Die Schlechte: Die Lava hat Portela erreicht und frisst sich dort in die Häuser.

Der Guide Theo Montrond schreibt im Morgengrauen bei Facebook: “Die Lava ist auf dem Weg nach Portela, in Richtung Schule“. Nicht sehr viel weiter steht sein eigenes kleines Haus, dass er mit seiner Arbeit als Guide aufgebaut hat.

Um ca. vier Uhr Nachmittags erreicht uns die Nachricht, dass sich seit 12 Uhr die Geschwindigkeit der Lava verringert habe. Bruno Faria vom Geophysischen und Meteorologischen Institut, erklärt, dass “die Dinge am Morgen kompliziert” gewesen seien, sich das Szenario aber von einem auf den anderen Moment zum Guten gewendet hätten. Die Lava bewege sich jetzt langsamer an fast allen Stellen. Es trete nun vor allem Gas aus. Er rechne mit einer insgesamten Dauer des Ausbruchs von ca. zwei Monaten.

Ich denke spontan “eben so wie es auf Kapverden läuft: am Schluss wird immer alles gut!” Später lese ich, dass Theo sein Haus verlieren wird und es schnürt mir die Kehle zu.

Das Haus von Theo Montrond, kurz bevor die Lava es erreicht. Foto: Theo Montrond

Das Haus von Theo Montrond, kurz bevor die Lava es erreicht. Foto: Theo Montrond

Wir haben derweil mit anderen Sorgen zu tun: Die TACV cancelt Flüge auf den westlich von Fogo gelegenen Inseln, wegen der Asche in der Atmosphäre. Wir haben Gäste, die grade unterwegs sind. Wir besprechen uns, klären ab, buchen um.

Es wird gewarnt davor, sich ohne Atemmasken im Chã aufzuhalten. Ich sehe die Leute in den Handyvideos alle ohne Masken, hier und da eine einfache Staubmaske, ein Schal, sonst nichts.

Die Politiker machen Krisensitzungen. Es werden Mittel versprochen, über internationale Hilfe gesprochen. Termine für (hohe) Inselbesuche bekannt gegeben.

Wir bekommen Anfragen: Wie kann man von Deutschland, der Schweiz, aus helfen? Kann man den Vulkanausbruch besichtigen?

Wir denken an unsere Leute im Chã. Daran wie zuhause und willkommen wir uns immer im Chã fühlen. Wir können weder als Freunde noch als Agentur einfach so zuschauen. Wir beschließen, dass wir helfen wollen.

Es ist ein schwer zu beschreibendes Gefühl: Es geht eine große Faszination von dem Naturereignis Vulkanausbruch aus. “Gnadenlose Schönheit“, wie Mustafa Kerim Eren Abends schreibt. Aber gleichzeitig kennen wir den Ort, die Menschen, die Namen und die Geschichten. Wir sind viel zu tief verflochten um die Situation emotionslos mit anzusehen.

Sonnenuntergang hinter Fogo, Tag 3 des Vulkanausbruchs 2014. Foto: Christian Fu Müller

Sonnenuntergang hinter Fogo, Tag 3 des Vulkanausbruchs 2014. Foto: Christian Fu Müller

Der Sonnenuntergang, den wir hier auf Santiago hinter der Insel Fogo am 25.11.2014 erleben, ist unheimlich schön. Aber auch einer der Unheimlichsten.

Wenige Zeit später geht rechts neben Fogo am Horizont die Mondsichel unter. Die Lava in der Bordeira leuchtet blutrot in die mondlose kapverdische Nacht.

Wir sitzen zusammen und besprechen, dass wir Ende der Woche nach Fogo wollen. Uns ein Bild machen. Dann entscheiden, wie wir helfen können.

Wir werden euch da oben auf Fogo nicht alleine lassen, hört ihr!

Christian Fu Mueller

Christian Fu Mueller

Seit über 12 Jahren entdecke ich die Kapverdischen Inseln immer wieder neu. Im März 2007 bin ich ganz nach Kapverden gezogen um hier zu leben und zu arbeiten. (+)

Das könnte Dich auch interessieren …

5 Antworten

  1. Jürgen Schreiter sagt:

    Hallo,
    als ich hier in Deutschland im TV und in der Presse am Montag von dem Ausbruch des Pico hörte, war ich erschrocken, denn sofort gingen die Gedanken zurück zum Oktober 2009, als wir mit einer Wandergruppe auch auf Fogo weilten. Sofort ins Internet – und schreckliche Bilder! Damals hatten wir mit Mustafa Eren den “friedlichen” Pico und vorher den Pequeno (da hatte er uns in der Caldera-Hitze ganz schön getestet) erstiegen. Erinnerungen: Wein-Kooperative Agro Coop, Pousada Pedra Brabo, Casa Marisa, liebe, freundliche Menschen, alte Zerstörungen von 1995 … Und nun das wieder. Naturgewalten, aus der Ferne kann man nur hoffen. Schön die Nachricht, dass anscheinend der Lavafluss nachlässt. Alles Gute für alle, “die Hoffnung stirbt zuletzt” (klingt hier “abgedroschen”, aber es trifft es wohl).
    P.S.: Ein seltsamer Zufall – am Sa., 22.11.2014, erschien in unserer Heimatzeitung Freie Presse zu Ratgeber/Reisen ein Beitrag zur Insel Fogo (mit recherchiert lt. Text von One World). Titel: “Leben in Glück und Asche” (mit 3 Fotos). Letzter Satz daraus: “Eine einzige Ampel leuchtet dort grün in der Nacht. Soll heißen: keine Gefahr – momentan nicht.” Einen Tag später, am Sonntag, war alles anders …

    Jürgen Schreiter

  2. Vielen Dank für Deinen Kommentar, Jürgen. Wir hoffen sehr, dass die Nachrichten von Fogo heute besser sein werden. Wichtig ist auch, dass es möglichst schnell wieder eine passierbare Straße ins Chã gibt. Sowie ich heute Morgen gelesen habe, gibt es bereits wieder einen Zugang und der Lavafluss hat sich stark verlangsamt. Hoffnung!

  3. Ralph Mäder sagt:

    Hier in Deutschland erfährt man leider nichts über den Vulkan Ausbruch , weder im Fernsehen noch in der Presse habe ich eine Meldung darüber gesehen. Ich habe es über die Facebook Seite von Boa Vista Tours erfahren.
    Leider scheinen Meldungen über Zuwanderung von Ausländern und anderen Asylanten wichtiger zu sein als ein Bericht über die Sorge und das Leid der Bevölkerung auf Fogo.

  4. Cristina sagt:

    Leider hat sich die Situation auf Fogo wieder verschlechtert… :(
    3 mal war ich schon dort und es nimmt mich richtig mit zu sehen wie die Menschen dort um ihre Häuser weinen. Mit Türen und Fenster auf dem Kopf, versuchen sie noch alles vor dem Lava zu retten… Traurig dass man gegen den Vulkan Hilflos ist…

  5. Marie-Therese sagt:

    Vor einem Jahr waren wir in der Cha de Caleira und waren fasziniert von dieser Landschaft, eine abgeschlossene ruhige Welt. bei Isabella haben wir ein identisches Mittagessen genossen, im Patio gesessen und dabei Mustafa
    Erim kennengelernt! In der Cooperativa haben wir den wunderbaren Cha rot und Weiss eingekauft und Heute die letzte Flasche davon getrunken und an die liebenswerten Menschen der Caldeira gedacht. Die Zerstörung der Lebensgrundlage, die Gärten, die Wein- und Kaffeeplantagen, der Märchenwald. Wir hoffen für die Menschen das Sie Hilfe bekommen und die Caldeira nicht für immer verlassen müssen. Alles Liebe und Gute, viel Mut und Unterstützung.